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Neue Technologien - Ansichten & Fakten
Von wein-sigihiss, 17.08.2006, 11:13

Neue Technologien

Ansichten & Fakten von Sigi Hiss  

 

Längst ist die Weinbereitung kein idyllischer Vorgang mehr, zu dem nur der Rebensaft, ein Fass und ein Winzer gebraucht werden. Moderne Technologien und Verfahren haben längst Einzug in den Keller gehalten. Und es kommt immer wieder Neues hinzu.  

 

Aufgezeigt werden soll, dass zwar nicht alles des Teufels Zeug ist, es heute aber Weine gibt, welche durchaus von dem besagten Herrn mit den Hörnern und der etwas rötlichen Hautfarbe gemacht sein könnten.  

 

Ich erinnere mich sehr gut, als ich zum erstenmal die 50-kg-Zuckersäcke in einem Weinbaubetrieb gesehen habe. Was bitte sucht industriell erzeugt Zucker in einem angesehenen Betrieb – ich war durch und durch schockiert. Gerade fing ich an mich mit Wein zu befassen und hielt es für ein reines Naturprodukt, nur aus Trauben bzw. dessen Saft. Schnell lernte ich dass nahezu jeder Winzer die Chaptalisation, wie die Aufbesserung auch genannt wird, zur Alkoholerhöhung seines Weines anwendet. Gegen manche der modernen Verfahren ist diese Art von Aufbessern zwar geradezu Bio-Produktion in reinster Form, aber die eigenen, vertrauten Methoden werden jedoch selten hinterfragt. Es sind meist die neuen Dinge, die man nicht kennt und nicht benutzt, welche Angst und Panik verbreiten. Auf sie wird gern aus allen Rohren geschossen.  

 

Es regen sich Winzer, Verbände und Weinfreunde über die neusten Technologien auf die von anderen benutzt werden. Im Gegensatz dazu wird sehr viel Augenwischerei und Heuchelei mit den eigenen traditionellen Methoden der Weinerzeugung betrieben. Nehmen wir die Mostkonzentration und kommen somit zum Zucker zurück. Hier wird Wasser entzogen um den Wein konzentrierter erscheinen zu lassen. Was aber ist naturbezogener – weineigenes Wasser zu entziehen oder industriell erzeugten Zucker aus Zuckerrüben zuzugeben? Betrachtet man es, nüchtern und sachlich gibt es wohl nur eine Antwort. Bei der Mostkonzentration steht eben eine Maschine, mit Knöpfen und Reglern im Raum, überspitzt gesagt: Man gibt an einem Ende die Trauben rein - stellt den gewünschten Wein ein - nach etwas Rumpeln und Getöse kommt hinten der fertig abgefüllte perfekte Wein heraus. So oder so ähnlich argumentieren oder fühlen diejenigen, welche die Mostkonzentration strikt ablehnen. Ganz klar ist zu sagen, daß Spitzenweine mit und ohne die Mostkonzentration erzeugt werden. Das will zwar keiner hören, aber es ist durchaus so. Wie bei fast allem ist der Mensch derjenige, welcher den Schaden anrichtet.  

 

Weiter können wir zum Barriqueausbau gehen. Durch das Reifenlassen der Weine in Eichenbarriques wird der Wein in seiner Aromatik verändert, dies erfolgt durch Abgabe von Stoffen aus dem Holz des Barrique und durch einen Luftaustausch über das Holz. Das ist sehr teuer, denn ein Barrique kostet je nach Herkunft so um 300 – 800 €. Die Abgabe dieser Aromastoffe ist nach der dritten, vierten Belegung nur noch sehr geringfügig, man braucht also neue Fässer.

Eine Stufe weiter geht man mit dem einhängen von Eichenstäben in das Fass, eindeutig kostengünstiger, denn der Austausch die Stäbe kostet weniger als ein neues Barrique und sie können beliebig oft ausgewechselt werden. Die nächste Stufe bildet der Einsatz von Eichenspänen, welche dem Wein im Tank zugesetzt werden. Offensichtlich geht es um die Produktionskosten: Der Einsatz eines Barriques kostet ca. zwischen 0,5 und 1 Euro pro Flasche. Bei den Eichenspänen kommt man auf ca.0,10 Cent. Da ist dann erst mal der Buchhalter der Chef im Weingut. Ein fast nicht zu widerlegendes Argument bei Spänen ist aber auch der ökologische Faktor – für die Späne sind viel weniger Eichen zu fällen. Hier, bei den Spänen, sind wir meiner Meinung nach an dem Punkt, wo es zu diskutieren gilt.  

 

Wie groß dürfen solche Späne sein? Wann haben wir sehr kleine Späne, wann Pulver und vom Pulver zum flüssigen Eichenspan ist, es dann auch nicht mehr weit. Dürfen die Späne / Pulver / Flüssigkeiten aromatisiert werden? Das Barrique wird es indirekt durch die sogenannte Toastung auch. Die Fässer werden innen dem Feuer eine bestimmte Zeit ausgesetzt – je nach Dauer und Intensität hat das unterschiedliche Auswirkungen auf die spätere Aromaabgabe an den Wein.

Die Gefahr dieser bisher genannten Methoden liegt nicht in ihnen selbst. Die Frage ist: Wo zieht man die Grenze. Um es am Beispiel der Eichenspäne zu verdeutlichen: Wann sind es Späne und wo ist es Pulver.  

 

Als deutlich gravierender empfinde ich den Einsatz von Aromahefen. Mit ihnen ist es möglich dem Wein bestimmte Aromen bzw. Aromenspektren einzuverleiben. Einem Müller-Thurgau kann dadurch eine eindeutige Sauvignon-Blanc-Aromatik gegeben werden. Will man mehr in die erdige, nussige Richtung gehen so nimmt man einfach eine andere Aromahefe. Wobei auch hier die Definition welches Produkt eine Aromahefe ist, wieder sehr schwer wird. Da die Empfindungen subjektiv sind und es keine meßbaren Parameter gibt – wer will da die Grenze ziehen? Auch „normale Reinzuchthefen“ bringen bestimmte Aroma- oder Stilrichtungen in den Wein. Aus meiner Sicht sind Aromahefen das deutlich gefährlichere Instrument als etwa die Mostkonzentration oder Eichenholzspäne, weil sie das Naturprodukt stärker manipulieren. 

Die Spitze des Eisbergs ist für mich aber das sogenannte Spinning-Column-Verfahren. In einer Spinning Column (wörtlich: Schleuderzylinder) wird der Wein entaromatisiert und entalkoholisiert. Es entstehen die Fraktionen Aroma, Alkohol, Wein ohne Aroma und Wein ohne Aroma und ohne Alkohol. Jetzt kann der Wein wieder zusammengefügt werden - in dem gewünschten Verhältnis. Das heißt nichts anderes, als dass man Weine wie ein neues zu bestellendes Auto mit Zubehör und Spezialausstattung ordern kann. Von dieser Komponente etwas weniger aber dafür von jenem bitte soviel wie möglich. Unbedingt hätte ich gerne viel Aroma, etwa Alkohol 12% und dazu noch eine niedrige Säure. Einzelne Aromen kann man mit der Maschine nicht selektieren um sie dann wieder dazuzugeben.

 

Und die Moral von der Geschicht...?  

Die Schwierigkeit besteht darin, eine klar definierte Grenze zu ziehen. Wo ist die Linie überschritten zum Kunstwein? Welche Institution hat genug Macht, man muss es so nennen, um eine Einigung auf nationaler, europäischer oder gar weltweiter Ebene zu erreichen. Dazu kommt noch, dass viele Emotionen eine sachliche und faktenorientierte Diskussion unter den Interessensgruppen nahezu unmöglich macht. Nüchtern betrachtet ist gegen eingehängte Holzlatten und Eichenholzspänen, bis zu einer bestimmten Größe nichts einzuwenden. Ebenso mit der Mostkonzentration. Das impliziert jedoch nicht, dass der Produzent aus eigener Überzeugung diese Techniken nicht anwenden möchte. Eine gegenseitige Respektierung beider Standpunkte würde die Zukunft des Qualitätsweinbaues ein ganzes Stück weiterbringen. Ist man konsequent gegen diese oben erwähnten Techniken, dann sollte man auch das chaptalisieren und anderes mit einbeziehen. Dogmen und einseitige Sichtweisen bringen keinen wirklich weiter.  

Aromatisierte Pulver, flüssige Aromastoffe, Spinning-Column sind jedoch über der Grenze des Tolerierbaren, aus meiner Sicht.

 

Die Kennzeichnung, an sich wäre eine sehr gute Sache, hat den Haken, dass eh schon zuviel auf dem Etikett steht. Siehe Schwefel, eine unsinnige Verbraucherinformation, da beispielsweise ein Blumenkohl ein zigfaches an Schwefel enthält....!?

Eine sofortige und allen gerechte Lösung gibt es aktuell nicht und wird es wohl in absehbarer Zeit auch nicht geben. 

[Kommentar erstellen | Permalink]


wein-sigihiss, 17.12.2006, 11:26

ein weiterer artikel von helmut knall über spinning-column & reinzuchthefen

http://www.winetimes.at/winetimes/Content/WeinTexte/Essays/reinzuchthefe/Spinning%20Cone%20Column

 

[keine Optionen]


wein-sigihiss, 17.12.2006, 11:24

zu empfehlen ist ein änlich gelagerter artikel von helmut knall   - österreichischer weinjournalist www.winetimes.at/winetimes/Content/WeinTexte/Essays/reinzuchthefe

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